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Jazzthetik, Volker Leprich, März 2006

Mit seinen ersten Produktionen, vor allem mit seinem Trio AGOG, mit dem er vor einigen Jahren die Dutch Jazz Competition gewonnen hatte, zeigte sich der Kölner Frank Wingold als ein überragender E-Gitarrist, dem es scheinbar mühelos gelang, die Qualitäten der Rock-Gitarre in eine aktuelle Jazzsprache umzusetzen. Höchst aktuell ist er mit seiner neuen Produktion geblieben, dieses Mal aber vor allem mit akustischer Gitarre, als deren Meister er sich ebenfalls zeigt. Auch wenn er noch keinen Eingang in eine große Marketingstrategie gefunden hat, mit „Clairvoyance“ zeigt er sich als ein Konzeptionalist der aktuellen Musik. Schon der erste einleitende Ton macht neugierig, erinnert an eine bedeutende Aufnahme, aber schon im nächsten Augenblick kehrt er seine virtuose Handschrift hervor, lässt alles vergessen, was man vor ihm gehört hat. Mit dem Saxophonisten Niels Klein hat er sich einen absolut ebenbürtigen Partner ausgesucht, der mit einer außergewöhnlichen Beweglichkeit tausend Ideen auf einmal entwickelt, mit einer Leichtigkeit und einer nicht enden wollenden Beredsamkeit. Irgendwie klingen seine Instrumente anders als man es vom Sopran oder der Bassklarinette gewohnt ist, halt der Niels-Klein-Ton. So scheint es doch kein Zufall zu sein, daß dieser junge Mann mit dem Abschluß seines Studiums schon alles an Preisen gewonnen hat, was möglich ist, zum Beispiel den Förderpreis des Landes NRW und nun auch das Förderstipendium für Jazz und Improvisierte Musik der Stadt Köln. Der Bassist Dietmar Fuhr, Wingolds Partner aus den Underkarl-Zeiten und der junge Schlagzeuger Jonas Burgwinkel gehören ebenfalls zum Besten, was der Rhein zur Zeit zu bieten hat. Auch die Titel fügen sich ein in das Konzept. Das Titelstück „Clairvoyance“ ist von einer überraschenden freien und verwirrenden Durchsichtigkeit während sich „Magma“ langsam aber unaufhaltsam ausbreitet, um nur zwei von neun Beispielen zu nennen. Um es nochmals zu sagen, eine der gelungensten Produktionen eines deutschen Ensembles der letzten Zeit!
Hans-Jürgen von Osterhausen, JazzPodium Februar 2006 (Original hier)

Erster Klangeindruck nach Einlegen der CD: Frank Wingolds Quartett klingt sehr natürlich, hier sind vier Musiker „pur“ zu hören: Gitarrist, Saxophonist, Schlagzeuger und Kontrabassist. Die Aufnahme ist professionell, auf Studio-Effekt-Einsatz wurde weitgehend verzichtet. Das Ergebnis ist absolut überzeugend: Wingolds Quartett läßt aufhorchen. Die Musik ist teilweise keine leichte Kost, denn hier wurde nicht nur „inside“ improvisiert. Die kreativen Ausbrüche vor allem der zwei führenden Solisten – Wingold an der Gitarre und Niels Klein am Saxophon und Klarinette – überschreiten hin und wieder die Grenzen des tonalen Raums. Und das schreit nach Auflösung, vor allem wenn zwei gleichermaßen wilde Soli gleichzeitig gespielt werden. Aber das Happy-End folgt zum Glück, und spätestens dann weiß man, dass das Quartett die unbedingte Kontrolle über das Geschehen hat. Wingold überzeugt sowohl mit dem Plektrum als auch als Fingerstyle-Gitarrist. Seine Kompositionen sind erfreulich interessant. Freundliche Harmonien erleben wilde Brüche, aus Chaos wird Groove, und aus der Asche des Weltuntergags entsteht Neues, Ungeahntes. Kontrabassist Dietmar Fuhr liefert die Basis mit unfehlbarer Intonation und beeindruckender rhythmischer Sicherheit. Schlagzeuger Jonas Burgwinkel schafft die Stimmung, die den teilweise recht schrägen Kompositionen Halt und Atmosphäre gibt. Niels Klein ist der Gegenpol zum Bandleader, gleichermaßen spontan und versiert. Man muß sich einhören in diese Musik, denn deren Brillianz eröffnet sich nicht beim ersten Mal. Doch dann, nach einiger Zeit, taucht wie aus dem Nebel die wahre Schönheit dieser Klänge auf. Der Hörer hat dann sein persönliches Clairvoyance-Erlebnis. Es lohnt sich, auf diesen Moment der Scharfsichtigkeit zu warten, denn dann kann es sein, dass einen die Musik nicht mehr los lässst. Alle Achtung!
AKUSTIK GITARRE Januar 2006 (Original hier)

Das enge Verhältnis
Der Kölner Jazzmusiker Frank Wingold hat ein spätes Debutalbum vorgelegt
Frank Wingold hat sich Zeit gelassen. Dass der 38-jährige Gitarrist und Komponist erst jetzt ein Jazzalbum unter eigenem Namen vorlegt, liegt nicht an einem Mangel an Fleiß oder Inspiration. Der aus der Pfalz stammende Wahlkölner hat auch so genug zu tun: als Sideman in diversen Projekten und Dozent an der Saarbrücker Musikhochschule.
Der entscheidende Punkt ist, dass Wingold nicht an flüchtigen Erfolgen interessiert ist. Für ihn stehen Qualität und Bedeutung der Musik jenseits von Marktkriterien im Mittelpunkt. Dass diese Einstellung nicht zwangsläufig zu Free-Jazz-Auswüchsen der anstrengenden Art führen muss, stellt Wingold immer wieder unter Beweis: etwa als festest Mitglied der Band Underkarl, die das Jazzidiom strukturell und rhythmisch zeitgemäß auffrischt. Oder mit seiner eigenen Band Leisure Minx, deren Programm aus anspruchsvollen, dennoch eingänigen Popsongs besteht.
Das Album, auf dem Wingold nun Jazzkompositionen aus eigener Feder verewigt hat, heißt „Clairvoyance“. Neben Wingold stellen drei weitere Kölner Musiker die Besetzung: Jungstar Niels Klein (Saxofone, Klarinetten), Routinier Dietmar Fuhr (Kontrabass) und der vielversprechende Newcomer Jonas Burgwinkel (Schlagzeug). Der Ton des Albums hebt sich von dem früherer Veröffentlichungen ab, etwa seines holländischen Trios Agog, das einen spröden, manchmal sperrigen, trotzdem nach vorn gehenden Stil pflegt.
„Bei Agog spielt sehr häufig Dekonstruktion eine Rolle“, sagt Wingold. Und meint das ironische Spiel mit Hörerwartungen durch Brechung des melodischen und rhythmischen Gefüges. „Nicht, das es das in meiner Musik nicht mehr gibt“, fährt Wingold fort. „Aber man ändert sich, Vorlieben wechseln. Ich war auf der Suche nach einem wärmeren und direkteren Sound mit stringenteren Entwicklungen und weniger Brüchen. In den letzen zwei Jahren habe ich eine Art persönlichen Purismus wieder entdeckt. Mein Verhältnis zum Jazz ist enger geworden. Das Quartett, mit dem ich „Clairvoyance“ aufgenommen habe, ist für mich die Spielwiese, wo ich mich ausleben kann.“
Manche Stücke auf dem neuen Album haben beinah Songstrukturen, Wingolds Gitarrenspiel ist entsprechend melodiös. Doch bleibt seine persönliche musikalische Note, die man auch von Underkarl und Agog kennt, unverkennbar: Man ist versucht, sie wingoldesk zu nennen. Ihren Ursprung hat sie auch in den Hörgewohnheiten seiner Jugend. Wingold erinnert sich: „Von John Coltrane über Steve Colemans M-Base und King Crimson bis zu John Luries Fake-Jazz haben wir alles querbeet gehört. Wir habe uns davon inspirieren lassen und ähnliches Zeug probiert, wobei wir im besten Sinne naiv und unvorbelastet zwischen dilletantisch und ziemlich gut hin und her gestolpert sind.“. Auch wenn sich Wingolds Können und Ernsthaftigkeit seitdem stetig entwickelt haben, den spielerischen Zugang zur Musik hat er sich bewahrt.
So erklärt sich, daß Wingold in vielfältigen musikalischen Konstellationen anzutreffen ist. Er wirkt als Ensemblemusiker bei Aufführungen modernen Musiktheaters mit; mit seiner Frau, der Kölner Sängerin Martina Gassmann, hat er ein Songprogramm zwischen Pop und Jazz erarbeitet, dessen Veröffentlichung auf CD bereits geplant ist; gemeinsam mit Ralph Beerkircher widmet er sich zeitgenössischer Gitarrenliteratur, als E-Gitarrenduo Shraeng spielen sie Kompositionen von Karlheinz Stockhausen, John Cage, Moritz Eggert und Sandeep Bhagwati.
Wingold findet, dass ihm dabei seine Ausbildung zum klassischen Musiker, neben der als Jazzmusiker, zugute kommt:“Wenn du einen klassischen Background hast, begreift man viele Aspekte des Instruments anders. Es gibt unheimlich viele Achsen auf dem Instrument, die man denken kann. Nicht so wie beim Klavier, wo es nur links unten und rechts oben gibt.“
Die Frage nach Vorbildern ist Wingold eigentlich zu eindimensional. Ein Vorbild ist für ihn nicht jemand, dem man in der eigenen Entwicklung kopistisch nacheifert, sondern jemand wie Frank Zappa, „der ein Gesamtkunstwerk verkörperte und sich deutlich artikulieren konnte. Miles Davis war auch so jemand. Es gibt viele klassische Komponisten, bei denen eas ebenfalls so ist, Strawinsky oder Bártok.“ Wingolds Vorbild an der Gitarre ist Jim Hall, einer der großen alten Männer des Jazz; Bill Frisell, Pat Metheny oder auch der Saxofonist Chris Potter fühlen sich ebenfalls von ihm inspiriert. Wingold findet, „dass Hall durch das, was er spielt und was er im Moment des Spielens rüberbringt, von allen am weitesten ist. Das ist befreit von jeglichem Ballast, von Äußerlichkeiten. Er ist für mich ein Vorbild, obwohl ich nicht so klinge wie er.“
Wingold denkt darüber nach, eine weitere Solo-CD zu produzieren, auf der auch Jazzstandards – freilich in seiner Lesart – auftauchen: „Diese Freiheit würde ich mir inzwischen wieder gönnen. Früher hätte ich das rigoros abgelehnt.“
Volker M. Leprich
STADTREVUE Januar 2006 (Original hier)

Der Kölner Künstler FRANK WINGOLD (www.wingold.de) ist ein mehrfach ausgezeichneter Jazz-Gitarrist, ein Musiker, der Tradition aufnimmt und sie mit ganz viel Individualität angereichert zu Eigenständigem verarbeitet: Angefangen bei seinem sehr offenen, akustischen Ton, über die dezenten aber überraschenden Minimal-Voicings, bis hin zu Licks, die zeigen, dass Wingold die experimentelle Seite von Jim Hall, die Wärme von Mick Goodrick und die genialen Lifetime-Ausbrüche von John McLaughlin gleichermaßen verstanden hat. ,Clairvoyance‘ (leicom/konnex) wurde mit Dietmar Fuhr (b), Jonas Burgwinkel (dr) und Niels Klein (sax,cl, b-cl) eingespielt.
GITARRE & BASS Dezember 2005 (Original hier)

Das Frank Wingold mehrfach Auszeichnungen als Gitarrist bekommen hat, hört man. Sein eigenwilliges Spiel pendelt in erfrischender Weise zwischen vielen Polen wie “Eleganz und ““Sperrigkeit” oder  “stilistischer Rückbesinnung” und “Modernität, auch zwischen ““zappaesk” und ““sanft”. Dabei wird eine enorme Kreativität freigesetzt, die auch seinen Kompositionen entspricht. Diese sind durchweg hochinteressant und ebenso abwechslungsreich wie Franks ausdrucksstarke spielerische Komponente. Man hat den Eindruck, dass die Arrangements den kompositorischen Prozess widerspiegeln. Das hervorragende Quartett agiert dabei sehr interaktiv.
ANDREAS POLTE (www.archtop-germany.de)

Dieser Gitarrist kennt sein Instrument und dessen Geschichte genau – denn er macht (fast) alles anders. Topp!
GITARRE & BASS

Der (…) Gitarrist Frank Wingold ist ein konsequenter Streiter gegen eingefahrene Hörgewohnheiten. (…) indem sie herkömmliche kompositorische Strukturen aufbrechen und sich tradierten Klangidealen verweigern, um zu einer neuen Formsprache zu finden. Das hat mitunter etwas Gewalttätiges, Zerstörerisches, aber aus den Trümmern erwachsen neue, verwegen schöne Klanglandschaften, aus der Dekonstruktion entwickelt das Trio eine neue Ästhetik des Fragmentarischen.
JAZZPODIUM

Klar den Ton an gibt Wingold selbst, ein Zauberer auf den sechs Saiten, der das ganze Potential seiner Elektrischen zwischen Jazz und Klangexperiment über alle vermeintlichen Genre-Grenzen hinweg voll auskostet. (…) …um den Hörer in einen Strudel der Rhythmen, Harmonien und Linien hinein zu ziehen, die den Komponisten Wingold als mit allen Wassern gewaschenen musikalischen Kosmopoliten empfehlen.
SAARBRÜCKER ZEITUNG

Zwischen Aufgelöstem, Amorphen und Visionärem tönen stets griffige Themen von prägnanter Schönheit.
Vertrautes wird unablässig gebrochen in der Musik von Agog. Brüche klaffen, jähe Wechsel bestimmen das Klangszenario. Aber alles ist in elastischen Fluss gehalten, das Griffige wie das Zersplitterte.
Aus verschiedenen Stilen exzerpiert Wingold wesentliches, um diesem eine ganz eigenen Bedeutung zu geben. Rohe Reste werden hart zusammengeheftet, mit experimentellem Geist und musikantischer Lust.
RHEIN-NECKAR-ZEITUNG

Die elektrische Gitarre kennt für Ihn keine Geheimnisse.
GOOI EN EEMLANDER

Sehr sophisticated und smart spielt Frank Wingold Gitarre. Wie ein bildender Künstler schafft er ein kompositorisches Ganzes durch ein jeweils variierendes Maß an Reduktion. Das ist Kunst.
SPEYERER ZEITUNG

Und bei aller experimenteller Freude in Harmonik und Klangerzeugung wurde deutlich, dass tief im Inneren des Gitarristen eine große Bluesseele schlummert. Um starke Expression, bluesigen Ausdruck lebendig zu gestalten, feilt der Gitarrist fortwährend an Soundvarianten. Unablässig ändert sich der Ton, die Farbe, der Gehalt. Aufregende Technik verbindet der Gitarrist mit erregendem Ausdruck. Wechselnde Sounds, bald schwül und warm, bald hart gesprenkelt erreicht er dadurch, dass er zwischen Plectron und Zupftechnik ständig variiert. Und stellenweise gibt er jedem Ton eigenen Ausdruck damit, dass er den Korpus der Gitarre durchbiegt, Töne jaulen umd wimmern lässt. Und mit raffiniertem Einsatz des Dynamikpedals oder des Ebows lässt er die Klänge lange fluten. Wingold versteht es, Strukturen zu bauen, Spannungen zu schüren. Als begnadeter Soundtüftler wusste er auch die Elektronik spannend zu nutzen – schuf er mit dem Echogerät surreale Klanglandschaften aus untergründig gedämpften und hochtourig rasenden Sequenzen.
DIE RHEINPFALZ

Wingolds Gitarrenspiel besitzt einen glasklaren, perlenden Klang, welcher öfters an ECM-Gitarristen auf Speed erinnert.
JAZZ PODIUM

Ihre Kollektivimprovisationen gehören zu den spannensten Momenten der aktuellen niederländischen Jazzszene. Der Verlauf ihrer spontanen Interaktionen ist jeden Abend wieder völlig anders. Was jedoch von Abend zu Abend konstant bleibt im musikalischen Ökosystem von Agog, ist die radikale Klangerweiterung: ein intimes Trio transformiert in ein großes und vielarmiges musikalisches Monster.
REMCO TAKKEN über agog

Wingold entpuppt sich immer mehr als ein Schreiber von komplexen und doch besonders mitreißenden Kompositionen voller überraschender Wendungen. Man fragt sich, woher er die Zeit nimmt um noch an seiner Technik zu feilen.
Aber das Wingold dies tut hört man. Sein Spiel klingt kahler und kantiger denn je, zuweilen an der Grenze zum Schmerzhaften. Sein Einsatz von Effektpedalen ist sparsam aber intensiv. Wingold läßt sein Instrument flüstern, knispern und seufzen.
NRC HANDELSBLAD

Dies ist eine dieser seltenen Platten, die einfach jeder kaufen sollte. Wahnsinnig gut, genial und vor allem – und das ist wirklich selten – gleichzeitig völlig exzentrisch und sehr zugänglich. Eine Chance für Zuhörer jeder Kategorie, ob Anfänger oder Fortgeschrittener, um mit wahrhaft origineller Musik den Erlebnishorizont ein paar Kilometer zu erweitern.
MAARTEN SCHULP im BASSMAGAZIN über agog/zapp `Meltdown´

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